Conne Island (Leipzig) boykottieren!

Quelle: https://conneislandboycott.wordpress.com/2018/06/26/keine-buehne-fuer-querfront-und-neue-rechte-conne-island-boykottieren/

Keine Bühne für Querfront und Neue Rechte – Conne Island boykottieren!

Das Conne Island im Süden Leipzigs ist bekannt als alternatives Jugend- und Kulturzentrum, Treffpunkt linker Aktivisten und traditionsreicher Veranstaltungsort. Hier finden professionell organisierte Konzerte statt, für die HipHop-, Punk- oder Hardcore-Szene ist das Projekt ein wichtiger Anlaufpunkt. Dazu werden Diskussions- und Vortragsveranstaltungen der linken und alternativen Szene organisiert. Das Zentrum wirbt außerdem mit einer klaren Haltung zu Rassismus, Antisemitismus und Sexismus.

Eine wichtige zivilgesellschaftliche Institution in einer Region Deutschlands, die seit Jahren mit neonazistischen und rechtspopulistischen Kräften zu kämpfen hat, würde man meinen.

Doch der Schein trügt: Das Conne Island gibt Referenten eine Bühne, die dort die AfD abfeiern, gegen »Linkskartelle« wettern und im Jargon der Neuen Rechten gegen den Islam hetzen. Während die moderne Rechte auf der Straße und ideologisch auf dem Vormarsch ist, wird im vorgeblich »antifaschistischen« Conne Island mitgewirkt, ihre Positionen von »links« salonfähig zu machen.

Als Antifaschistinnen und Antifaschisten sind wir nicht länger bereit, den Rechtskurs des Conne Islands stillschweigend hinzunehmen. Wir rufen zum Boykott des Zentrums auf!

Bühne frei für AfD-Fans

Am 24. Mai durfte der »Islamkritiker« und Publizist Thomas Maul seine Thesen im Conne Island ausbreiten. Dass Maul, der sich gerne als kompromissloser Kritiker politischer Korrektheiten inszeniert, aus seinen Sympathien für die Neue Rechte keinen Hehl macht, war da bereits bekannt. Rund zwei Wochen vorher hatte er via Facebook eine Rede des AfD-Chefs Alexander Gauland verbreitet und geschrieben, die AfD erscheine »immer wieder« und »objektiv als EINZIGE Stimme der Restvernunft im Deutschen Bundestag«. Er prangerte die »Unvernunft des herrschenden Linkskartells« und »Dämonisierung der AfD« an.

Im Conne Island ging er noch weiter: Die AfD sei »die einzige israelsolidarische, antisemitismuskritische und – zumindest, was das muslimische Patriarchat betrifft – patriarchatskritische Partei« in Deutschland. Dazu zitierte er zustimmend Pro-Israel-Reden von Beatrix von Storch und behauptete, vor dem Einzug der AfD habe es solche »proisraelischen und antisemitismuskritischen Reden im Deutschen Bundestag nicht gegeben, schon gar nicht von der jeweiligen ganzen Fraktion geteilt«. Keinen Zweifel ließ er daran, wo für ihn das eigentliche Problem liegt: Im »Linkskartell«, dessen »Proislamismus und Antiisraelismus ja in erster Linie anzuprangern wäre«.

Kurz darauf erklärte der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt dann im BILD-Interview, die Sächsische CDU müsse mit der AfD koalieren, »um sich nicht von den Parteien links von der CDU erpressbar zu machen«. So funktioniert die Normalisierung neurechter Ideologie, zu der das Conne Island bereitwillig seinen Beitrag leistet: Die einen trommeln für AfD-Koalitionen, um nicht von links »erpressbar« zu werden, die anderen sekundieren im Conne Island mit Pöbeleien gegen »Linkskartelle« und die »Dämonisierung der AfD«.

Das Plenum klatscht Beifall

In jedem antifaschistischen Zentrum hätten allein Mauls Anleihen an den Jargon der Rechten für Empörung und eine offizielle Distanzierung sorgen müssen.

Ganz anders das Conne Island: Im wöchentlichen Plenum, dem wichtigsten Treffen des Ladens, werden Mauls Ausfälle verteidigt und als polemische, aber wichtige Intervention bejubelt – und zwar vor allem von Festangestellten, die etwa für das Booking verantwortlich zeichnen. Bis heute weigert sich der Laden, sich klar von der Veranstaltung und Mauls kruden Thesen zu distanzieren. Auch Geschäftsführer Hannes Schneider schweigt beharrlich und drückt sich vor einer eindeutigen Position. Offenbar will man sich vorbehalten, weitere AfD-Werbeveranstaltungen zu organisieren. Von klarer Kante gegen rechts fehlt hier jede Spur.

Für linke und kapitalismuskritische Künstler gelten stattdessen ganz andere Maßstäbe. Wer sich etwa gegen westliche Kriege ausspricht, die israelische Rechtsregierung kritisiert oder die Macht transnationaler Konzerne anprangert, wird im Conne Island schnell des Antiamerikanismus oder Antisemitismus bezichtigt und bekommt Auftrittsverbot. Kriegsgegnern, Globalisierungs- und Kapitalismuskritikern wird gerne die Bühne verwehrt, ihre Texte werden akribisch geprüft – wer aber die AfD zur »Stimme der Restvernunft« adelt und verschwörungstheoretisch von »Linkskartellen« phantasiert, hat im Conne Island Narrenfreiheit und wird als »Ideologiekritiker« gefeiert.

Jahrelange Rechtsentwicklung

Ein »linkes« Kulturzentrum, das der Verharmlosung der AfD eine Bühne bietet? Was auf Außenstehende reichlich irritierend wirkt, ist leider keine Überraschung. Es ist der traurige Höhepunkt einer jahrelangen Rechtsentwicklung. Denn im sich »antideutsch« oder »ideologiekritisch« nennenden Spektrum, zu dem sowohl Thomas Maul als auch das Conne Island zählen, sind Lobeshymnen auf Rechtspopulisten an der Tagesordnung.

Wichtigster Vorreiter ist dabei die »ideologiekritische« Zeitschrift Bahamas, in der auch Maul publiziert und die im Conne Island zur Pflichtlektüre gehört. Die hatte bereits 2002 die italienische Journalistin Oriana Fallaci für ihre Aussage gefeiert, Muslime würden sich »wie Ratten« vermehren. Im Jahr 2010 promotete der Stammautor und ehemalige Conne-Island-Geschäftsführer Sören Pünjer dort die rechtsextreme Hooligan-Gruppe English Defence League und spielte die Beteiligung von Neonazis herunter. In einem Vortrag in Leipzig begrüßte Pünjer 2011 die »Jerusalemer Erklärung«, die von europäischen Rechtspopulisten – u.a. FPÖ-Chef Strache, der belgischen Vlaams Belang und der Partei Die Freiheit – initiiert worden war.

Der Hass auf »Islamfaschismus« und antirassistische Linke sowie die fanatische Unterstützung der israelischen Regierungspolitik sind die Grundlage einer aggressiven Rechtsentwicklung, die bereits zu zahlreichen personellen Überschneidungen des »antideutschen« Spektrums mit genuin rechten Medien geführt hat: Die Wochenzeitung Jungle World beispielsweise gibt regelmäßig Autoren der Bahamas wie Thomas Maul – sie ist nach dem Original die Zeitschrift mit den zweitmeisten Beiträgen von Bahamas-Autoren – als auch jenen des rechtskonservativen Portals Die Achse des Guten eine Plattform. Alex Feuerherdt zum Beispiel, Autor für Jungle World und Die Achse des Guten, durfte knapp zwei Wochen nach Thomas Maul im Conne Island referieren.

Querfront für Israel

Immer öfter kommt es jetzt zu Schulterschlüssen mit originär rechten Kräften: Die Frankfurter Publizistin Jutta Ditfurth organisierte im vergangenen Jahr gemeinsam mit der CDU eine proisraelische Kundgebung, auf der Slogans wie »Palästina, halt’s Maul!« toleriert wurden. Bahamas-Redakteur Justus Wertmüller sprach im Dezember 2017 auf einer »islamkritischen« Kundgebung in Berlin, an der neben AfD-Mitgliedern auch Aktivisten der »Identitären Bewegung« teilnahmen. Thomas Mauls Lobgesänge auf die AfD sind daher nur Konsequenz und vorläufiger Höhepunkt einer ideologischen Rechtswende, die sich jahrelang abgezeichnet hat.

Die Neue Rechte verfolgt diese Entwicklung übrigens mit Begeisterung: Martin Sellner, Chefideologe der »Identitären Bewegung« und laut eigener Aussage Bahamas-Abonnent, feiert das Magazin als »hochinteressantes Blatt« und träumt von gemeinsamen Bündnissen. Er hat begriffen, dass es zwar noch Unterschiede, aber auch zunehmend ideologische Gemeinsamkeiten gibt.

Von jenen in Leipzig, die sich jetzt überrascht geben und Mauls Ausfälle empört als »rechtsantideutsch« von sich weisen, ist diese Entwicklung über Jahre hinweg geduldet worden. Man kennt sich schließlich und hat in der Vergangenheit bestens kooperiert: Beim Leipziger »Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus« oder diversen Pro-Israel-Veranstaltungen etwa geben sich linXXnet-Chefin Juliane Nagel, die Leipziger Linksjugend, Szenegänger des Techno-Clubs Institut für Zukunft und die AfD-Versteher aus dem Conne Island seit jeher die Klinke in die Hand. Der »Antifaschistische Frauenblock Leipzig« führt »Islamkritik« sogar als eigenen Menüpunkt auf seiner Homepage. Mauls Lobreden auf die AfD mögen hier manchen (noch) zu viel sein – von der ideologischen Agenda, die ihnen zu Grunde liegt, will sich aber keiner verabschieden. Kein Wunder also, dass niemand von ihnen das Problem beim Namen nennen kann.

Genug ist genug – Conne Island boykottieren!

Wir sind nicht länger bereit, diese Entwicklung unbeantwortet zu lassen. Gerade vor dem Hintergrund des dramatischen gesellschaftlichen Rechtsrucks und der fortschreitenden Enttabuisierung radikal rechter Positionen in der öffentlichen Debatte muss das Conne Island als das bezeichnet werden, was es ist: Ein Querfront-Projekt, das unter »linken« Vorzeichen neurechte Positionen salonfähig macht!

Wir rufen darum Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Labels, Booking-Agenturen ebenso wie Referentinnen und Referenten, politische Gruppen und Initiativen auf, ein klares antifaschistisches Zeichen zu setzen:

Boykottiert das Conne Island und seine Räumlichkeiten! Sagt eure Auftritte und Veranstaltungen ab oder verlegt sie in andere Locations! Keine Unterstützung für das Conne Island!

Das Kulturamt der Stadt Leipzig fordern wir auf, die Förderung des Projekts unverzüglich einzustellen. Keine Fördergelder für Projekte, die rechten Positionen eine Plattform bieten!

Keine Bühne für die Verharmlosung der Neuen Rechten in »linken« Zentren!

Juni 2018,
Initiative für eine linke Gegenkultur // Kontakt: conneislandboycott@riseup.net