Berufungen im §278a Verfahren

Quelle: http://antirep2008.org

Staatsanwalt Handler beruft bei Einzeldelikten, Freispruch nach §278a Rechtskräftig

Die Ankündigung von Protesten soll Schwere Nötigung sein und eine Schweinefreilassung Tierquälerei…

Wie in diesem Verfahren bereits üblich erfuhren die 13 Angeklagten sowie ihre Anwält_innen aus der Zeitung, dass Staatsanwalt Handler gegen die Freisprüche zum Teil Berufung eingelegt hat. Der umstrittene Paragraph 278a (“Kriminelle Organisation”) wird kein Thema der Berufung sein, somit sind die Freisprüche zumindest in diesem Fall rechtskräftig!
Es wurde hingegen angekündigt den Paragraphen 278a zu novellieren.
Dass sich das Justizministerium zu diesen Massnahmen durchgerungen hat,  ist einzig den §278a-Angeklagten,  ihren Anwält_innen und eurer breiten Solidarität zu verdanken! Aufgrund unserer jahrelangen Arbeit war ein Freispruch nicht mehr abwendbar und die Perfidität der Vorwürfe nicht mehr zu leugnen.
Fünf Angeklagte sollen nach Meinung des Justizministeriums, das Handlers Berufungen kontrollierte, wegen Delikten wie Tierquälerei, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung und (Versuchter) schwerer Nötigung nochmals vor Gericht. Ob und wann dies der Fall sein wird entscheidet das Oberlandesgericht nachdem die Beschuldigten bzw. ihre Anwält_innen innerhalb der nächsten fünf Monate dazu eine schriftliche Stellungnahme eingereicht haben.
Die berufenen Vorwürfe zeigen einmal mehr die Politik Wolfang Handlers mit Rückendeckung der Justiz: Alle Vorwürfe der (Versuchten) schweren Nötigung wurden berufen. Überwiegend geht es dabei um Ankündigungen von Kampagnen gegen pelzverkaufende Unternehmen (Fürnkranz, Escada) im Rahmen von offenen Briefen an die Geschäftsleitung oder einer Rede bei der Aktionsärsversammlung. Die Geschäftsführung von Kleider Bauer soll bei einer angemeldeten Kundgebung vor deren Fimensitz in Perchtoldsdorf schwer genötigt worden sein.
Der Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt betrifft eine Störaktion einer Pelz-Modeschau bei Kleider Bauer, die Sachbeschädigung eine kaputte Fensterscheibe bei einem Nazi-Treffen im niederösterreichischen Gumpoldskirchen. Absurderweise berief die Staatsanwaltsschaft Wr. Neustadt sogar gegen den Freispruch vom Vorwurf der Tierquälerei. Einem Tierrechtsaktivisten wird die Freilassung von Schweinen aus einer Massentierhaltung vorgeworfen, womit er den Tieren “unnötige Qualen” zugefügt haben soll. Das durch die Fleischindustrie verursachte Leiden der Schweine, wie psychischer und physischer Stress, keine Möglichkeit der Selbstbestimmung beim Essen oder der Wahl der sozialen Gruppe sind dann offenbar “nötige Qualen”. Und, nicht zu vergessen, der gewaltsame Tod im Schlachthof.
Die politische Dimension von Handlers weiteren Bemühungen Tierrechtspolitik zu kriminalisieren darf dabei nicht unterschätzt werden: Gerade die Bemühungen von politischen Initiativen zur Veränderung von Geschäftspolitiken bestimmter Unternehmen sowie die Ankündigung von Kampagnen gegen diese, sind Methoden sozialer Bewegungen, die unbedingt verteidigt werden müssen!
Handlers Berufung stellt aber auch einen weiteren Versuch dar, sein Gesicht zu wahren und eine letzte Rechtfertigung für die Ermittlungen der Soko Bekleidung, inklusive Verdeckter Ermittlungen und Großem Lauschangriff, zu erlangen.
Gehen Staatsanwalt Handlers Berufungen durch, haben wir es in Zukunft mit einzelnen Verfahren gegen mehrere Betroffenen zu tun.
Für den Fall dass den Berufungen stattgegeben wird, kommt es entweder direkt zu einer oder mehreren Berufungsverhandlungen vor dem Oberlandesgericht Wien (der zweiten und letzten regulären Instanz) oder das bzw. die Verfahren gehen wieder an die erste Instanz (das Landesgericht Wr. Neustadt) zur Neuverhandlung zurück (z.b. wenn Teile des Freispruchs wegen Nichtigkeit aufgehoben werden).
Lasst die Betroffenen nicht allein!