Spotlight: SHAC

Worum gehts?
Huntingdon Life Sciences ist das grösste Tierversuchslabor in Europa. In den HLS Labors in England und den USA werden alle möglichen Produkte an jährlich über 75’000 Tieren getestet. 1999 hat sich die Kampagne „Stop Huntingdon Animal Cruelty“ (SHAC) formiert, die sich zum Ziel gesetzt hat, HLS zu schliessen. HLS stellt als das grösste Labor seiner Art in Europa ein wichtiges Ziel im Kampf gegen Tierversuche dar.

Bisher wurden 7 Mal grobe Verstösse gegen geltende Tierschutzgesetze bei HLS öffentlich gemacht. Es wurden Videos und Fotos von den grausamen Experimenten und Misshandlungen der Versuchstiere veröffentlicht.

Es ist eine weltweite Kampagne. Es finden jährlich mehrere hundert Demos und Aktionen statt, die SHAC zugerechnet werden können.

Aus welchem Hintergrund entstand SHAC?
England kann auf eine langandauernde Widerstandsbewegung gegen Tierversuche zurück blicken. Seit 1899 besteht die „British Union for the Abolition of Vivisection“ BUAV, welche sich für die Beendigung aller Tierversuche einsetzt. Die gesamte Antivivisektionsbewegung in England zu beleuchten würde den Rahmen dieser Präsentation sprengen, darum konzentriere ich mich auf die Jahre nach 1990.

[singlepic id=85 w=320 h=240 float=left]Ab den 1990er Jahren war die Kampagne die gängigste Aktions- und Organisationsform der radikalen Tierrechtsbewegung. Die AkteurInnen orientierten sich dabei an Aktivitäten verwandter sozialer Bewegungen. Die erste grossangelegte, erfolgreiche Kampagne war der Kampf gegen die Lebendtiertransporte. 1994/95 beendeten die grössten Fährunternehmen P&O und Stena Line sämtliche Lebendtiertransporte auf den Kontinent. Auslöser für die Kampagne war eine Ermittlung über die Zustände, die während diesen Transporten herrschten. Daraufhin gab es grosse Demonstrationen in den südenglischen Häfen, es wurden hunderttausende von Protestbriefen an die Firmen geschickt, die Sea Sabs blockierten bereits beladene Schiffe und erstmals wurde auch das Mittel der sogenannten „Home visits“, welche sich auch in den späteren Kampagnen als oft genutztes Mittel erweisen würden, eingesetzt Ausschlaggebend für das Einlenken der Unternehmen war schliesslich, dass die Passagierzahlen einbrachen.

Die entscheidende Änderung gegenüber früheren Kampagnen war die Konzentration auf ein Ziel. Organisationen wie die BUAV und die RSPCA hatten bereits früher Proteste gegen Tierausbeuter geführt, jedoch gelang es ihnen nicht die Tierrechtsbewegung kontinuierlich zu mobilisieren.

In den späten 90ern folgte zuerst die Kampagne gegen Consort Kennels (eine Beagle Zucht) und danach jene gegen die Hillgrove Cat Farm. Diese Kampagnen erwiesen sich als prägend für die Methodik der Tierrechtsbewegung. Die 10 Monate dauernde Kampagne gegen Consort Kennels endete im September 1997 mit der Schliessung der Farm. Es gab tägliche Proteste und Befreiungsaktionen. Die Kampagne gegen die Hillgrove Cat Farm dauerte 18 Monate und wurde viel intensiver geführt. Sie war ein direktes Resultat der Kampagne gegen Consort Kennels. Es gab Grossdemonstrationen mit über 3000 TeilnehmerInnen, tägliche und nächtliche Mahnwachen und viele illegale direkte Aktionen gegen den Inhaber Christopher Brown. Höhepunkt war die Erstürmung der Farm im April 1998. Während der Kampagne kam es zu 350 Verhaftungen, woraus 21 Gefängnisstrafen resultierten. Ziel der Kampagne war es die Familie Brown und die Angestellten mürbe zu machen und sie so zur Schliessung der Farm zu bewegen. Im August 1999 war es soweit, der Besitzer gab auf und die 800 Katzen wurden der RSPCA übergeben.

Daraufhin folgten die erfolgreichen Kampagnen gegen die Shamrock Primate Farm und gegen Regal Rabbits. SHAC wurde 1999 von AktivistInnen gegründet, die in diesen Kampagnen Erfahrungen gesammelt hatten. Ausschlaggebend für die Entstehung von SHAC war ein Film (It’s a dogs life), der 1997 ausgestrahlt wurde und die Realität innerhalb HLS zeigte. SHAC avancierte schnell zum Zentrum der weltweiten Tierrechtsbewegung.

Methoden von SHAC
Die Methoden, die SHAC anwendet sind eine Konsequenz aus den erfolgreichen Kampagnen zuvor. Es ist eine Kombination aus der Belästigung von MitarbeiterInnen und dem Zufügen wirtschaftlichen Schadens.

Anfangs konzentrierte sich die Kampagne vor allem auf die Geldgeber des Unternehmens, da sich dieses in einer finanziell schwierigen Lage befand. Als Konsequenz daraus verschwanden die Aktien von HLS aus dem NYSE und dem London Stock Exchange.

Der Protest wurde 2000 auf alle Vertragspartner von HLS ausgeweitet. Diese werden in 3 Kategorien eingeteilt, die Kunden, die Versorger und die Finanziers.

Auch die bereits erwähnten Home Visits waren, kombiniert mit anderen Methoden zur Belästigung des Personals, ein wirksames Mittel, um die Verantwortlichen aus ihrer nachbarschaftlichen Anonymität zu drängen.

Begleitet wurden die legalen Proteste seit Beginn durch Anschläge der ALF, welche zweifellos einen grossen Einfluss auf die Kampagne hatten.

Wo stehen wir?
Als die Methoden von SHAC allmählich Erfolg zeigten und sich mehrere grosse Banken, Versorger und Kunden weigerten weiterhin mit HLS Geschäfte zu machen, geriet das Unternehmen in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Daraufhin stellte die britische Regierung finanzielle Sicherheiten. Diese Reaktion machte deutlich worum es bei dieser Kampagne geht. [singlepic id=84 w= h= float=right]Es geht nicht nur um die Schliessung eines einzelnen Unternehmens, sondern um den Kampf gegen Tierversuche allgemein. Sollte ein multinationaler Konzern und Europas grösstes Tierversuchslabor tatsächlich in die Knie gezwungen werden, fürchteten britische PolitikerInnen das Ende der gesamten pharmakologischen Forschung. Fortan gerieten die AktivistInnen immer stärker ins Visier des Staates. Seine Repräsentanten weigerten sich eine Petition für die Schliessung von HLS mit über 300’000 Unterschriften anzunehmen und entwarfen Gesetze, um die Kampagne zu stoppen. Ab 2007 nahm die Repression gegen SHAC massiv zu. Es kam zu etlichen Verurteilungen und zur bis dato grössten Polizeiaktion gegen die britische Tierrechtsbewegung, während der 30 AktivistInnen verhaftet wurden. Auch in den USA formierte sich eine starke Kampagne, die eine ebenso starke Repression erfuhr. 2006 wurden 7 AktivistInnen beschuldigt den „Animal Enterprise Protection Act“ verletzt zu haben. Ihnen wurde Terrorismus und Internet stalking vorgeworfen. 6 von ihnen wurden schliesslich zu teilweise langen Haftstrafen verurteilt. SHAC wurde nun auch medial zu einer terroristischen Vereinigung hoch stilisiert.

Heute sieht es folgendermassen aus:

  • 2009 geriet HLS erneut in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten und suchte einen Käufer. Es wurde keiner gefunden, ausser dem amerikanischen HLS CEO Andrew Baker.
  • HLS ist keine Aktiengesellschaft mehr, sondern musste von CEO Andrew Baker gekauft werden. Baker musste sich dafür 100 Mio. $ leihen. HLS ist nun ein Privatunternehmen
  • SHAC hat herausgefunden woher Andrew Baker das Geld hat. Es stammt von Fortress Investments, dessen CEO Bakers Nachbar ist.
  • Novartis trifft sich mit SHAC und beendet alle Beziehungen mit HLS

Fazit
SHAC ist ohne Zweifel eine Kampagne, die dank ihrer weltweiten Mobilisierungskraft seinesgleichen sucht. Seit nunmehr 11 Jahren finden jährlich hunderte von Demos, Aktionen und Anschlägen statt. Die Teilerfolge der Kampagne sind beachtlich. Es muss allerdings auch festgehalten werden, dass das Ziel, HLS innerhalb 3 Jahren zu schliessen, nicht erreicht wurde. Durch die immer grössere Repression und die immer neuen Auswege des Unternehmens aus finanziellen Krisen, stellt sich die Frage, ob das Ziel mit dieser Kampagne überhaupt noch erreicht werden kann. Mit Sicherheit sagen, kann dies natürlich niemand. Was fest steht, ist, dass wir die Leistungen, die AktivistInnen aus der ganzen Welt unter dem SHAC-Banner geleistet haben, würdigen und unterstützen sollten.