Kommentar zum Zirkusbericht 2010 des schweizerischen Tierschutzes STS

[singlepic id=81 w=320 h=240 float=left]Seit 2008 veröffentlicht der schweizerische Tierschutz STS jedes Jahr einen Zirkusbericht. Es ist ein Versuch die Tierhaltungen derjenigen Zirkusunternehmen, die Tiere halten, zu untersuchen und zu prüfen. Von diesen existieren in der Schweiz derzeit drei, nämlich der Zirkus Knie, der Zirkus Royal und der Zirkus Nock. Dieses Jahr wurde zusätzlich noch der Zirkus Go überprüft, welcher eine Hunde- und eine Hauskatzennummer im Programm hat.

Erklärtes Ziel des STS ist es, die Tierhaltungen zu dokumentieren und allfällige Verstösse gegen das Tierschutzgesetz zu erwähnen. Unklar bleibt, ob diese Verstösse auch den Behörden gemeldet werden.

Die Überprüfungen wurden von drei Personen durchgeführt, einem Zoologen (Fachstelle Wildtiere des STS), einer Tierärztin (Tierärztliche Beratung des STS) und einer Expertin für Heimtiere (Fachstelle Heimtiere des STS). Die Besuche geschahen in der Regel unangemeldet, wobei offen bleibt was „in der Regel“ hier bedeutet. Es wurden sowohl die Zirkuszoos, als auch die Vorstellungen unter die Lupe genommen.

Bereits in der Einleitung ist erwähnt, dass der Verlad und Transport von einem Spielort zum nächsten für die Tiere Stress bedeutet. Es werden ebenfalls Faktoren genannt, die für die Belastung entscheidend sind. In die Evaluation der verschiedenen Unternehmen wird dieser sehr bedeutende Aspekt der Zirkustierhaltung allerdings nicht einbezogen.

Die Frage, ob (Wild)tierhaltungen vertretbar sind, wird ebenfalls in einem sehr kurzen Abschnitt behandelt. Auch hier ist jedoch enttäuschend festzustellen, dass keinerlei Stellung bezogen wird. Offenbar genügt es den AutorInnen die Frage aufzuwerfen.

Gegenstand der Überprüfung waren primär die Grösse und die Gestaltung der Gehege. Der Zustand der Tiere wurde ebenfalls eingeschätzt, wenn auch nur sehr oberflächlich. Der Bericht versucht erst gar nicht die Lage der Tiere detailliert zu beurteilen und blendet Fragen der Beschäftigung, Fütterung, Verhaltensstörungen usw. aus. Es ist fraglich inwiefern eine Beurteilung noch Sinn macht, wenn diese für die Tiere ungemein wichtigen Faktoren gar nicht erst betrachtet werden. Der STS will nach eigener Aussage bloss gute Ansätze der Zirkustierhaltung und allfällige problematische Formen aufzeigen.

[singlepic id=82 w=320 h=240 float=right]In einem weiteren Abschnitt erklärt der STS was „artgemäss“ für ihn bedeutet. Demnach gehen die aktuellen Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung in vielen Fällen zu wenig weit und stehen im Widerspruch zu neuen Erkenntnissen der Verhaltensforschung. Die AutorInnen wähnen sich selbst als kompetent genug, um die Gehege und den Gesundheitszustand der Tiere zu beurteilen und so zu eruieren, ob ihnen ein tiergerechtes Leben ermöglicht wird. Es ist äusserst fraglich, ob dies mit der angewendeten Methode überhaupt möglich ist, da die Tiere nicht für eine längere Zeit beobachtet werden. Wie bereits erwähnt, haben die AutorInnen bloss den Zustand des Geheges abgeschätzt und die Tiere aus der Ferne begutachtet. Sie sagen selbst, dass sie Verhaltensstörungen, Raumnutzung und den Umgang mit den PflegerInnen nicht beurteilt haben. Es bleibt also offen, woher sie die Überzeugung haben, die Qualität der Tierhaltung so genau abschätzen zu können, geschweige denn zu beurteilen, ob sie „artgerecht“ ist.

Beurteilung der Unternehmen:
Beim Zirkus Knie und dem Zirkus Nock haben die AutorInnen keine Mängel gefunden. Einige der Gehege unterschritten zwar die Mindestmasse deutlich, aber für Zirkusunternehmen bestehen hier Ausnahmebewilligungen (welche dem STS allerdings nicht vorliegen). Einzig beim Zirkus Royal gab es Beanstandungen. Einerseits ist die Haltung von Tigern äusserst problematisch, andererseits haben die Verantwortlichen den zur Verfügung stehenden Platz am Spielort nicht optimal ausgenutzt, wodurch viele Tiere zu kleine Gehege hatten.

Wer den Bericht liest fragt sich schliesslich was der STS damit bezwecken will. Es ist nicht ersichtlich, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden sollen. Ebenfalls wird die Tierhaltung in Zirkusunternehmen nicht mal im Ansatz in Frage gestellt. Es wird in keinster Weise diskutiert, ob solche Tierhaltungen überhaupt notwendig sind und was die Verantwortlichen damit bezwecken wollen. Ebenfalls bestehen aus unserer Sicht grobe Mängel in der Methodik. Es ist völlig unklar was die AutorInnen mit dieser oberflächlichen, rein technischen Beurteilung bezwecken wollen. Sie ist zu wenig detailliert für eine Kritik und lässt den TierhalterInnen genügend Spielraum, um sich herauszureden.

Es bleibt auch verborgen, inwiefern dieser Bericht zu einer Verbesserung der Zustände genutzt werden soll. Werden die Zirkusunternehmen damit konfrontiert? Falls dies der Fall ist, liefert er hauptsächlich Argumente zur Erhaltung des Status Quo. Aus Sicht des STS ist die Tierhaltung im Zirkus grundsätzlich absolut unproblematisch. Die einleitende Frage, ob Tierhaltungen in fahrenden Unternehmen überhaupt vertretbar sind, beantwortet der er mit diesem Bericht gleich selbst. Es gibt zwar einige Mängel, aber so schlimm ist das ja nicht.

Mehr Informationen zur Tierhaltung in Zirkussen gibts hier: www.azot.ch
Zum Zirkusbericht des STS: http://www.tierschutz.com/zirkusbericht/